Schneller und deutlicher als befürchtet vollzog sich in dieser
Saison der Strukturwandel im AQHA-Sport in Deutschland. Auf Basis
aller offiziell von der AQHA verarbeiteten Turniere verzeichnet
der AQHA-Sport 2015 mit einem Minus von über 14% den stärksten Rückgang
seit den Aufzeichnungen 1999 (alle
Details hier).
Zwar ist dieser Rückgang auch der Europameisterschaft 2015 in
Kreuth zuzurechnen, viel besorgniserregender ist jedoch der massive
Strukturwandel, den der AQHA-Sport in den letzten vier Jahren ungehindert vollzieht:
- 27% weniger AQHA-Shows bundesweit seit 2012
- 58% weniger Jugendstarts bundesweit seit 2012
- 25% weniger Einsteigerstarts bundesweit seit 2012
Damit verzeichnet der AQHA-Sport einen neuen Minusrekord, was sowohl
die Zahl der Turniere als auch den Nachwuchs angeht,
mit weitreichenden Folgen für die nahe Zukunft.
Über 14% weniger Starts innerhalb der Saison 2015 - das ist der
bislang höchste Rückgang der AQHA-Starterzahlen in Deutschland seit
1999, von 23.853 auf 20.495 Starts.
Betrachtet man die vergangenen vier Jahre, von 2012 - 2015, beträgt
der Rückgang sogar 24%, knapp ein Viertel weniger AQHA-Starts also.
Wer glaubt, diese Entwicklung einzig und alleine dem "Kreuth-Desaster"
(Zeitschrift
"westerner") rund um die Quarter Horse-Europameisterschaft zurechnen
zu können, macht es sich zu einfach:
Die Zahl der Starts ausserhalb der großen vier- und fünffach AQHA-Shows
ist von 9.631 Starts (2012) auf 6.011 (2015) gesunken.
Hätte die Europameisterschaft wie geplant stattgefunden, wären 75%
(!) aller AQHA-Starts in Deutschland auf den großen sechs Turnieren
in Kreuth, Aachen und Wenden zu sehen gewesen.
Hauptgrund: Die Anzahl der angebotenen AQHA-Turniere in Deutschland
sinkt von Jahr zu Jahr:
Gab es 2012 noch 33 AQHA-Turniere (ohne Sonderformate) mit 60 AQHA-Shows,
sind es 2015 nur noch 23 Turniere mit 51 AQHA-Shows (-30%). Zählt
man die Sonderformate wie All-Novice, VRH oder Introductory noch
dazu, sinkt die Zahl von 61 AQHA-Turnieren in 2012 auf lediglich
47 AQHA-Turniere in diesem Jahr. Indes: Der Anteil der Starts auf
den Sondershows wie Versatility Ranch Horse oder All-Novice beträgt
weniger als 4%.
Dabei zeigen in diesem Jahr die kleinen, regionalen AQHA-Einfach-Shows,
daß sie gebraucht werden:
Langenbrettach +50%, Indian Summer Show Kreuth +43%, einzig: Es
gibt mittlerweilen viel zu wenige davon, acht Stück im gesamten
Bundesgebiet reichen bei weitem nicht aus. 2012 waren es noch 12.
Am Ärgsten trifft es in der Saison 2012 die größeren, überregionalen
AQHA Zweifach-Shows:
Vier fallen ganz aus (Eltze, Wenden, Erbach, Memmingen), der Rückgang
beträgt -23%.
Die kleinen Turniere gibt es kaum noch, die großen, aber auch
teureren Vierfach-Shows werden hingegen immer größer:
70% - zwei von drei AQHA-Starts in Deutschland fanden auf den größten
AQHA-Turnieren, in Kreuth, Wenden oder Aachen, statt, nie war der
Anteil so hoch wie in diesem Jahr. Trotz oder gerade aufgrund des
"Kreuth-Desasters" wuchsen alleine die Vierfach-Shows nochmals um
9%.
All-Novice Show, Versatility Ranch Horse, Introductory und Special
Events -
diese AQHA-Sonderformate büssten in dieser Saison insgesamt 33%
ihrer Starts ein. Was sich im Quarter Horse Journal zu Versatility
Ranch Horse auf der Q15 in Aachen so schön liest, zeigt sich in
der Realität anhand der offiziellen AQHA-Zahlen ganz anders: 11
AQHA VRH-Starts, -54% im Vergleich zum Vorjahr.
Für die gesamte Saison über alle VRH-Shows beträgt das Minus sogar
40%. Ähnlich hoch ist der Rückgang bei den All-Novice Shows, von
782 Starts in 2014 auf 475 in 2015 (-39%). Und von den im Frühjahr
groß angekündigten fünf Alliance Cutting-Events (mit RBC) fand erst
gar keiner statt.
Dass der Verband also den AQHA-Sport nur noch den ganz grossen Shows
überlässt, die er praktischerweise selber veranstaltet, ist nicht
nur ein fatales Signal, sondern auf längere Sicht bedenklich: Wo
soll der Nachwuchs herkommen und Erfahrungen sammeln für die wirklich
großen Shows in Kreuth, Aachen und Wenden?
Die Anzahl der Jugend-Starts im AQHA-Sport hat mittlerweile
das Niveau von 2000 und den Vorjahren unterschritten - mit den absehbaren
Konsequenzen für den Erwachsenen-Sport. Ob die aktuelle Elitenförderung
im DQHA-Jugendbereich da das richtige Konzept ist? Immerhin: Während
bislang alle der DQHA Youth Days "mangels Teilnahme abgesagt
werden" mussten, steht für fünf Jugendliche in diesem
Jahr der Youth World Cup in Australien auf dem Programm. Zum Vergleich:
2014 betrug der Aufwand des Jugendausschusses 49.843 EUR - da ging
es für fünf Jugendliche in die USA.
AQHA-, APHA-, ApHC-Sport: Rückzug in die Nische - ist
das Schicksal der Rasseturniere besiegelt?
Die großen Turniere werden größer, die kleinen und mittleren Shows
werden kleiner oder verschwinden ganz von der Bildfläche: Dieser
Strukturwandel setzt sich seit Jahren ungehindert fort, ohne dass
dagegen auch nur ansatzweise Anstrengungen unternommen werden, im
Gegenteil: Bislang gingen alle Bemühungen der DQHA, auch nur ansatzweise
dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, ins Leere. Finanzielle Förderungen
wurden entweder nicht kommuniziert (Regioförderung) oder nicht angenommen
(All-Novice Shows), in Konzepten wie "DQHA direkt" werden ungeachtet
der Erfolglosigkeit weiter wertvolle Ressourcen verschwendet.
Die Ähnlichkeit mit dem Paint Horse-Sport in Deutschland ist
frappierend - wie der PHCG ist auch die die DQHA - ohne jegliches
Mitglieder-Mandat - mittlerweile selber in die (wirtschaftliche!)
Veranstalterrolle geschlüpft und organisiert mit QH-EM, Q15 und
den Regionalgruppenfuturitys nahezu jeden 2. AQHA-Start in Deutschland
selber. Zum Vergleich: 2012 lag dieser Anteil lediglich bei 19%
(mehr
dazu hier).
Anstatt also die Rahmenbedingungen für die (private) Ausrichtung
von AQHA-Turnieren in Deutschland wieder attraktiver zu gestalten
und damit seit Jahren offensichtlichen Turniersterben Einhalt zu
gebieten, gefällt sich der Verband lieber als Veranstalter, und
muss sich fragen lassen:
Stellen die wenigen verbliebenen, privat organisierten AQHA-Turniere
nun für den Verband eine Konkurrenz zu den den selbst organisierten
Turnieren QH-EM, Q-Serie und Regiofuturitys dar? Liegt hier der
Grund darin begraben, daß seit Jahren nichts für Veranstalter
geschieht?
Meistertitel, Qualifikation, Leistungspunkte - wieviel EWU will
die DQHA kopieren?
Mit den bisher umgesetzten Konzepten, von DQHA Direkt, Leistungspunkten,
Turnierhandbüchern und (regionalen) Meisterschaften bis hin zu einer
angedachten Qualifikation für die Hauptschau Q16 in Aachen wird
deutlich: Die DQHA verschlimmbessert die Situation durch das Abkupfern
von EWU-Konzepten und versucht, eigene Turniere anstelle von AQHA-Turnieren
zu vermarkten.
Sechs DQHA Direkt-Turniere pro Saison, zwei mussten alleine 2015
abgesagt werden, taugen wenig als zukunftsträchtiges Konzept, um
den ungebrochenen Trend des AQHA-Sports in die Nische aufzuhalten.
Und der Aufbau einer eigenen Turnierstruktur am Beispiel der EWU
ist aber für die DQHA als AQHA-Tochterverband, der für die Tätigkeit
von der AQHA pro Jahr 47.000 USD erhält, dem Mutterverband in den
USA nur schwer vermittelbar, zumal die Rahmenbedingungen (Klassen,
Levels, Altersgrenzen etc.) nicht von denen der AQHA abweichen.
Am Geld kann es also nicht liegen, oder?
Anstatt sich mit dem Kopieren zu versuchen, wird sich die DQHA in
Zukunft aufs Kooperieren konzentrieren müssen, wenn sie ihre (Züchter-)
Kundschaft noch erreichen will: Angesichts der Erfolgsbilanz der
EWU der letzten Jahre sollte man sich um mehr gemeinsame Turniere
mit integrierten AQHA-Klassen, z. B. Class-in-Class, bemühen, damit
Reiter, Besitzer und Trainer noch die Möglichkeit haben, auch ausserhalb
von Kreuth und Aachen um Verbandstitel der DQHA und AQHA wie High
Points, ROMs etc. reiten zu können. Die AQHA steht solchen Konzepten
offen gegenüber, die Frage ist, ob die EWU das mitmacht.
Derweil erarbeitet sich der DQHA-Fachausschuß zu diesem Thema eine
Routine in der Erarbeitung von Konzepten:
Nachdem 2015 Maßnahmen wie "nationale einheitliche Meisterschaften"
oder "Begrüßungsmappen" zentrale Bestandteile der Präsentation waren
(alle
Details hier), darf man vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung
auf das nächste, erarbeitete Konzept gespannt sein. Wir
hätten da einige Vorschläge.
DQHA Futurity/ Maturity
Das tatsächliche Starter-Plus der Futurity/ Maturity von 10% in
diesem Jahr ist alleine den beiden neuen Klassen "In-Hand-Trail"
und "3 YO Longe Line" mit 60 Starts zuzurechnen, ohne diese wäre
die organische Entwicklung rückläufig mit -7%. Zudem hat sich die
Anzahl der gerittenen Dreijährigen in den Futurityklassen nicht
verändert: Die neuen Klassen für nicht-gerittene Dreijährige (In
Hand Trail, 3YO Longe Line) stellen so zwar eine Alternative für
Turnierteilnehmer dar, ohne strukturell aber etwas an der Situation
für Jungpferde zu verändern.
Kurz gesagt: Es werden genauso viele junge Pferde wie immer geritten,
es kommen zusätzlich nun mehr Pferde früh in den Turniersport,
ohne unter dem Sattel vorgestellt zu werden.
Mit nur noch 104 einbezahlten SSA-Hengsten, deren Nachkommen Futurity-startberechtigt
sind, ist auch der Grundpool für Futuritypferde so gering wie noch
nie (Übersicht
1999-2015):
Mehr Starts auf Basis immer weniger zur Verfügung stehender Hengste
und deren Nachkommen - es ist offensichtlich, daß diese Entwicklung
endlich ist. Eine Erweiterung der Startberechtigung für ein "Zucht-Förderprogramm
für Fohlen und jungen Pferde" auf derzeit bis neunjährige Pferde
(!) kann ebenso wenig beliebig erweitert werden wie die Anzahl der
Klassen, in denen diese SSA-Nachzucht gestartet werden kann.