"Keine 3-jährigen
Pferde mehr im Sport" so lautetet die Headline am 19. November
2006 zu einem Vorstandsbeschluß der EWU von Präsidium und Länderrat
in Mannheim (mehr
dazu hier.
Ab 2007 sperrt die EWU ihre Turniere und sämtliche Disziplinen
für dreijährige Pferde. Präsident Heinz Montag: „Über diese Entscheidung
bin ich sehr glücklich. Wir schützen damit die jungen Pferde und
leisten einen maßgeblichen Beitrag für den Tierschutz.“
Dafür bekam die EWU jetzt sogar die "Goldene Gabel" der Zeitschrift
Cavallo (mehr dazu hier).
Eine Folge ist auch die Veränderung der Junior- und Senior-Einteilung:
Juniorpferde sind nun die Pferde im Alter von 4 bis 6 Jahren.
Ab 7 Jahren ist ein Pferd „senior“. Bei der Jungpferdeprüfung
sind ab 2007 die 4- und 5-jährigen Pferde startberechtigt. Als
Folge wurde die Jungpferdeprüfung auch für die Reiter der Leistungsklasse
3 A geöffnet. 4-jährige Pferde dürfen bei der EWU künftig maximal
drei Turnierstarts an einem Tag absolvieren, 5-jährige Pferde
fünf Starts/Tag.
Dieses Thema wird seitdem on- und offline kontrovers diskutiert.
Im wittelsbuerger-Diskussionsforum wurden 168 Beiträge bislang
dazu abgegeben, mit 11.000 Aufrufen ist das das heißeste Thema
der EWU überhaupt, mehr
dazu hier.
Nun kommen die
ersten Stimmen aus den USA, z.B. von Craig Johnson oder Bob
Loomis, die Petra Roth-Leckebusch zusammengefasst hat.
"Ich konnte meinen Augen nicht glauben, als ich den entsprechenden
Artikel in den Quarter Horse News vom 15. November 2006 las: „NRHA
Futurity for 4 year olds?“ stand da als Überschrift. Ich hatte mir
schon vorgenommen, Meinungen zu unserer EWU-Entscheidung, die 3-jährigen
aus dem Turniersport zu nehmen, dort in der Hochburg der dreijährigen
Showpferde einzuholen. Und nun das? Wie kommt es zu dieser Idee?
Ich machte mich auf den Weg und recherchierte das.
Was ich erfahre ist, dass von Umdenken noch keine Rede sein kann,
aber – und das ist wichtig genug – man versucht vorsichtig eine
Diskussion über dieses Thema zu beginnen. Allen Voran Craig Johnson,
selber Futurity Gewinner und vielfacher Teilnehmer. Craig ist sofort
bereit, mir ein Interview zu geben und erklärt mir seine Meinung:
„Schauen Sie sich die Entwicklung der Futurity an. Die Pferde müssen
immer mehr leisten, um ins Finale zu kommen.
Der Standard ist in den letzten Jahren erheblich angezogen. Früher
konnte man mit einem netten Run das Finale erreichen, heute muss
man schon in den Vorläufen Höchstleitungen zeigen, um eine Chance
auf das Finale zu haben. Mir geht es um die Pferde. Es gibt viele
Pferde, die solche Leistungen zeigen könnten, wenn man ihnen etwas
mehr Zeit geben könnte. Dazu kommt, dass nicht alle Trainer im Süden
der USA leben und dort ideale Klima Bedingungen haben. Wer im Norden
lebt und einen harten Winter hat, der ist benachteiligt. Dort entwickeln
sich die Pferde langsamer und auch das Training ist schwieriger
im Winter. Deshalb bin ich der Meinung, es wäre für die Pferde und
den Sport besser, wenn wir ihnen ein weiteres Jahr geben könnten.“
Aber auch er ist sich bewusst, dass man solche Veränderungen nur
langsam machen kann. Daher hat er den Vorschlag von Frank Costantini,
einem langjährigen Vorstandsmitglied der NRHA aufgenommen, nach
dem die Futurity für Vierjährige in den Mai auf das ehemalige Derby
Datum gelegt werden sollte und das Derby dann in den Herbst auf
das heutige Futurity Datum verschoben werden könnte.
Frank Costantini erklärt mir, dass auch die FEI Teilnahmen
der Reiner ein Umdenken eingeleitet haben. Man wird sich bewusst,
dass man den Reining Sport nicht mehr alleine auf die Futurity konzentrieren
kann. Man wird auch ältere Pferde haben müssen. Da wäre es sinnvoll,
den Pferden mehr Zeit geben zu können. Außerdem hätten dann auch
die Non Pros wieder mehr Chancen, sie bräuchten einfach mehr Zeit
um ihre Pferde zu trainieren.
Es war eine neue Erfahrung für die NRHA Reiner, dass ihre Pferde
auf den Weltreiterspielen durch einen Vet Check mussten. Da konnte
dann nicht mehr mit Medikamenten nachgeholfen werden, wie zu Hause.
Sondern die Pferde mussten ganz einfach gesund sein. Das hat zum
Nachdenken geführt.
Auch „Alt-Meister" Bob Loomis gehört zu den Befürwortern.
In der Quarter Horse News erläutert er seinen Standpunkt: „Wir hätten
gesündere und bessere Pferde, wenn wir mehr Zeit für die Grundausbildung
hätten. Für viele junge Trainer ist die Futurity eine do or die
Frage.“ Meint er damit, dass es die Pferde entweder schaffen oder
…? Durch das Derby und die FEI Shows wird es in Zukunft mehr Möglichkeiten
für die Pferde nach der Futurity geben, so dass es wichtiger wird
sie auch später noch im Sport einsetzen zu können.
Jack Brainard, 85 Jahre alt und einer der ersten Reining
Trainer, sagt mir freimütig: „Hey, wenn ich das noch erleben würde!
Wieviele gute Pferde hätten dann eine bessere Chance, gesund zu
bleiben.“ – „Kann ich das schreiben, Jack?“ – „Aber klar!“ Er ist
da ganz freimütig, vielleicht kann man das mit 85 auch leichter
sein.
Aber es gibt auch andere Stimmen:
Dell Hendricks ist der Auffassung: „Wenn die jungen Pferde
noch ein halbes Jahr länger so unter Druck geritten werden, werden
noch viel mehr von ihnen kaputt gehen.“ Auch ein interessanter Aspekt,
der tief in die Trainingsmethoden einiger Trainer Einblick gibt.
Tim McQuay gibt mir nur ungern Auskunft. Schließlich ringt
er sich aber zu dem Statement durch: „Eine Verschiebung der Futurity
auf Vierjährige wird die Reining Industrie kaputt machen.“ – „Warum?“,
frage ich ihn arglos. Seine Antwort: „Weil die dann alle merken,
dass ihre Pferde gar nicht gut genug sind für die Futurity und die
treten dann nicht mehr an. Im Derby sind ja heute auch nur noch
die Hälfte der Starter, wie in der Futurity.“
Was soll man davon halten, frage ich mich? Die Futurity ist so eine
Art Lotterie und das Pferd das Los? Man darf es nicht aufmachen,
damit man nicht merkt dass man eine Niete gezogen hat?
Andere meinen lapidar: „Es hat doch 40 Jahre so funktioniert? Warum
soll man das ändern?“ – auch ein Argument, dass allerdings jeden
Fortschritt ausschließt.
Craig Schmersal meint: „Wir haben ja jetzt schon zwei Jahre Zeit
die Pferde zu trainieren, mehr braucht man nicht. Warum sollte man
das ändern?“ – Vielleicht gibt es Leute Mr. Schmersal, die nicht
ihre Jährlinge im Herbst anreiten wollen?
Hinter vorgehaltener Hand geben übrigens nahezu alle meiner
Gesprächspartner zu, dass es nicht gerade gesund, ist Dreijährigen
solche Leistungen abzuverlangen. Aber jeder beschwört mich: „Schreiben
sie bloß nicht, dass ich das gesagt habe!“
Auch die Tierärzte begrüßen es allerdings, den Pferden mehr Zeit
geben zu wollen. So sagt Dr. Ross Rich in den QHN: „Wir haben
bei den Futurity Pferden zahlreiche Probleme in Gelenken, Bändern
und Sehnen. Die meisten resultieren aus Überbelastung der noch in
der Entwicklung stehenden Pferde. Ein halbes Jahr könnte dort schon
eine erhebliche Entlastung bedeuten.“ Es scheint mir, dass es zwei
Lager gibt: Die einen denken vorwiegend ans Geschäft und die anderen
sehen auch die Pferde. Immerhin hatten ein paar den Mut diese Diskussion
anzuschieben. Und das ist mutig das zu tun, überwiegend ernten sie
nur Spott. Einige Trainer meinten hochmütig: „Ja diejenigen die
keine Ahnung haben, die brauchen eben länger fürs Training.“
Sicher ist es nicht allein eine Frage des Alters, ob ein junges
Pferd das Training gesund übersteht. Dazu gehören ein korrekter
Körperbau, eine gute Aufzucht und ein schonender Aufbau des Pferdes.
Auch heute hat es Pferde gegeben, die dreijährig die Futurity gelaufen
sind und sie gesund überstanden haben.
Aber wenn man den Pferden mehr Zeit zum wachsen und reifen geben
könnte, würden es eben noch mehr Pferde sein, die gesund aus diesem
Sport gehen können. Und mal ehrlich, auch vierjährige sind noch
in der Entwicklung. Eigentlich wäre es richtig die Höchstleistung
erst von einem ausgewachsenen Pferd zu verlangen. Aber so leicht
ändert man eben alte Muster nicht.
Ich hoffe dennoch es bewegt sich was – für die Pferde.
Vielleicht ist die EWU diesmal den Amerikanern voraus – wir denken
schon jetzt an die Pferde und haben die Dreijährigen aus dem Sport
genommen. Und ich bin mir sicher, das ist auch fürs Geschäft besser.
Denn unsere Kunden wollen mit ihren Pferden alt werden.