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Während der Kindheit entwickeln sich sowohl
der Körper als auch die Psyche. Beide werden
durch Erfahrungen, Umweltfaktoren und soziale
Kontakte (mit Pferd und Mensch) beeinfl usst.
Erfahrungen, die das Pferd in seiner Kindheit
macht, sind fest verankert und kaum auslöschbar.
Es wird sein Verhalten im Erwachsenenalter
danach ausrichten. Im Fohlen- und Jugendalter
werden die Weichen für die spätere Leistungsfähigkeit
gestellt.
Sozialkontakt
Um den Bedürfnissen von Jungpferden gerecht
zu werden, müssen sowohl das Saugfohlen als
auch das Absatzfohlen, der Jährling und Zweijährige
zwingend Kontakt mit Artgenossen
pfl egen können. Dabei sind sowohl gleichaltrige
Spielgefährten als auch ältere, erfahrene
Pferde wichtige Sozialpartner. Mit den gleichaltrigen
Fohlen lässt es sich gut spielen und
herumtollen. Beim Saugfohlen bietet die Mutter
zunächst den notwendigen Schutz. Wenn die
Fohlen jedoch abgesetzt sind, müssen andere
ältere und erfahrene Pferde die Schutzfunktion
für die Pferdekinder übernehmen. Es ist deshalb
nicht empfehlenswert, junge Pferde – Absetzer
oder Jährlinge – zusammen zu halten ohne
dass diese Gruppe von älteren Pferden betreut
wird.
Einen Absetzer allein in eine Gruppe von
Altpferden zu stecken, ist ebenso unerwünscht,
weil doch der gleichaltrige Spielgefährte fehlt.
Die alten Pferde lassen sich nicht zum Spielen
animieren, das Fohlen versucht es dann häufi g
mit dem Menschen, was nicht ungefährlich ist.
Wenn die Fohlen keinen Freund zum Spielen
haben, bleiben sie unterentwickelt. Der Spielkamerad
regt auch zum Laufen an. Bewegung
ist ein weiteres Kriterium, das sehr wichtig für
junge Pferde ist.
Die jungen Pferde sollten darum in eine gemischte
Pferdegruppe integriert sein, als Minimum
muss ein Fohlen einen gleichaltrigen
Spielgefährten und eine ältere
(Leit-)Stute als Erziehungs- und
Schutzinstrument zur Seite haben.
Eine größere Herde ist
natürlich noch besser, dennoch
sollte die Anzahl der
Pferde nicht zu groß sein.
Mehr als zehn Pferde in
einer Gruppe sind schon
bedenklich, vor allem,
wenn das Platzangebot
zu gering
ist. In der Natur
bilden sich
immer mehrere
Kleingruppen
von vier bis acht
Pferden, dem
sollte man auch
in der Obhut des
Menschen Rechnung
tragen. Zu
viele Pferde können gerade für die rangniedrigen
Fohlen ein enormer Stressfaktor sein.
Jungpferde brauchen viel Bewegung
Die Aufstallung in einer Box eignet sich für
Jungpferde nicht. Schon als Saugfohlen sollte
das junge Pferd mit seiner Mutter und weiteren
Mutter-Kind-Konstellationen täglichen Weidegang
genießen. Eine Aufstallung während der
Nacht ist akzeptabel, wenn die Box groß genug,
hell und luftig ist. Absetzer sollten wenn möglich
nicht alleine in Boxen stehen, auch wenn
sie tagsüber im Auslauf oder auf der Weide genügend
Bewegung haben. Besser sind Laufställe,
die die jungen Pferde in Gruppen bewohnen,
noch besser einzustufen sind jedoch Offenställe,
wobei die Pferde selbst entscheiden können,
ob sie sich im Stallgebäude
oder draußen aufhalten
wollen.
Insbesondere bei jungen Pferden (die ja noch
nicht zur Arbeit herangezogen werden und darum
keine „erzwungene“ Bewegung haben)
sollte man im Stall Bewegungsanreize schaffen.
Diese stellen zwar gleichaltrige Spielgefährten
dar, was aber immer noch nicht ausreichend ist.
Der Stall sollte so konzipiert sein, dass die Pferde
gewisse Strecken vom Futterplatz zur Tränke
zurücklegen müssen. Auch die Ruhezonen sollten
separate, vom Futterplatz abgeschiedene
Plätze sein, damit die Tiere zu ihrem natürlichen
Wandertrieb animiert werden.
Schon junge Pferde sollten bezüglich der Witterung
nicht verweichlicht werden. Wind, Kälte
und Hitze sind Faktoren, die Pferde sehr gut
wegstecken können. Schlecht vertragen die
Tiere allerdings Nässe, Zugluft und abgestandene,
schlecht Luft. So sollte der Stall so gestaltet
sein, dass die Pferde gegen Zugluft und Regen
Schutz fi nden können, aber ausreichend Frischluftzufuhr
gewährleistet ist. Zugluft entsteht
immer dann, wenn kalte Luft nur einen Teil des
Pferdekörpers erfasst. Daraufhin können sich
die Rezeptoren nicht auf die Abkühlung einstellen,
worauf eine Auskühlung und somit eine
Erkältung droht. Erfasst ein Luftzug das gesamte
Pferd, steht es im Wind, was dem Tier nichts
anhaben kann, weil es in der Lage ist, sich auf
die Abkühlung, die jetzt den gesamten Körper
erfasst, einzustellen.
Frischluft ist obligatorisch
Zugluft entsteht beispielsweise bei beidseits offenen
Fenstern (Oberluken) und halbhohen Boxen.
Die meist mit Holz ausgekleideten Boxen
stauen die Luft im unteren Bereich. Ab halber
Höhe lassen offene Fenster Luft in die Box, die
durch die Gitterstäbe (oder freien Raum) im
oberen Bereich wieder abzieht.
Somit haben wir zwei klimatische
Bedingungen in der Box:
Im unteren Bereich ist keine Luftbewegung. Zudem
tragen eine urin- und kotverunreinigte Einstreu
zu einer schlechten, abgestandenen und
warmen Luft bei.
Im oberen Bereich zieht hingegen eine kalte
Luftströmung durch. Lange Stallgassen verstärken
den Luftzug, weil sie wie ein Sog wirken, so
dass derartige Boxenstallungen der Gesundheit
der Pferde nicht zuträglich sind.
Offene, freie Lauffl ächen sind darum für Altund
Jungpferde gleichermaßen wesentlich besser
geeignet.
Die Weiden und Auslaufflächen sollten möglichst
langrechteckig angelegt werden, weil dadurch
der Bewegungstrieb noch mehr angeregt
werden kann als wenn die Weiden – auch bei
gleicher Quadratmeterzahl – in quadratischer
Form eingezäunt sind.
Der Zaun an sich muss stabil und sicher gebaut sein. Gerade Fohlen und
Jungpferde sind neugierig und gehen gerne auf
Entdeckertour. Dabei muss unbedingt erforscht
werden, ob das Gras auf der anderen Seite des
Zauns nicht doch etwas besser schmeckt. Zudem
sollte der Zaun deutlich sichtbar sein (beim
E-Zaun ist ein Breitband als Sichtbarriere einem
Seil vorzuziehen oder eventuell zusätzlich anzubringen).
Jungpferde müssen früh genug lernen,
einen Zaun zu akzeptieren, ansonsten zieht man
sich einen Ausbruchskünstler heran.
Die Lauffl äche kann für Pferde nicht groß genug
sein. Grundsätzlich gilt, je größer desto besser.
Selbstverständlich müssen die Weiden auch gepfl
egt werden, wozu das regelmäßige Abmisten
und Ausmähen der Geilstellen zählt.
Die Gesundheitsüberwachung ist bei Jungpferden
ein wichtiger Baustein der Aufzucht. Regelmäßiges
Überwachen der Körpertemperatur sowie
Impfungen und Wurmkuren sind ein Muss.
Fohlen müssen alle vier bis sechs Wochen entwurmt
werden, um einen übermäßigen Wurmbefall
zu verhindern. Die Impfungen beginnen
schon am ersten Lebenstag mit der Impfung gegen
Fohlenlähme. Ab dem fünften Monat sollte
man gegen Infl uenza und Virusabort impfen.
Auch die Impfung gegen Tetanus darf nicht vergessen
werden.
Die Bewegungsmöglichkeiten und stalltechnischen
Einrichtungen, die für die Aufzucht von
Jungpferden wichtig sind, können die wenigsten
Reitställe bieten. Sie sind auf das Halten
von Reitpferden ausgerichtet, haben oft nur
kleine Koppeln zur Verfügung und Boxen mit
Durchschnittsmaßen. Aufzuchtbetriebe benötigen
mehr Platzangebot, größere Weidefl ächen
und mehr Raum in den Stallungen. Zudem benötigen
die Jungpferde ein spezielles Aufzuchtfutter
und eine individuelle Versorgung.
Die
Jungpferdeaufzucht ist darum ein Job mit viel
Engagement und Aufwand, um gesunde und
leistungsfähige Pferde heranzuziehen.
Quelle: Renate Ettl
für westernreiter
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