Den Beschuldigten wurde
jeweils zur Auflage gemacht, einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen
Einrichtung zu zahlen. Dafür war insbesondere maßgeblich, dass die
Beschuldigten auf das Reitpferd nur kurzfristig eingewirkt haben
und sich in einer physischen und psychischen Ausnahmesituation des
olympischen Wettkampfs befanden. Dem Turnierpferd wurden zudem keine
Verletzungen zugefügt. Angesichts der geringen Auswirkungen der
Tat und vor dem Hintergrund der fortgesetzten medialen Berichterstattung
ist von einer ausreichenden Einwirkung auf die strafrechtlich bisher
nicht in Erscheinung getretenen Beschuldigten durch das Ermittlungsverfahren
auszugehen. Deshalb und auch wegen der vorgesehenen künftigen Austragung
des modernen Fünfkampfs ohne Reitsport besteht keine Wiederholungsgefahr.
Insgesamt sind die Auflagen nach dem Ergebnis der Ermittlungen daher
geeignet, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.
Nach Erfüllung der Auflagen wird das Ermittlungsverfahren endgültig
eingestellt werden, heisst es weiter in der Pressemitteilung.
Bild: RTL
Am gleichen Tag berichtet das TV-Magazin „RTL Extra“ über die mutmaßliche
Anwendung unerlaubter Trainingsmethoden sowie mögliche Verstöße
gegen das Tierschutzgesetz im Stall von Ludger Beerbaum.
Es geht, wie bereits 1990 im Stall Schockemöhle, ums Barren im Springsport,
bei dem (Holz-) Stangen beim Springen vor die Beine des Pferdes
geschlagen werden, damit dieses höher springt und die Hindernisse
mehr "respektiert".
Dazu soll RTL über zwei Jahre u.a. mit dem Journalist Günter
Wallraff recherchiert haben und die Extra-Reporterin Sina Meyer
als " Praktikantin im Marketing" bei Ludger Beerbaum "undercover"
eingeschleust haben.
Die FN hat dazu eine Stellungnahme veröffentlicht:
Warendorf (fn-press). Das TV-Magazin "RTL Extra" hat
am 11. Januar 2022 einen Beitrag über die mutmaßliche
Anwendung unerlaubter Trainingsmethoden sowie mögliche Verstöße
gegen das Tierschutzgesetz im Stall von Ludger Beerbaum veröffentlicht.
Dazu nimmt die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) wie folgt
Stellung:
"Wie wir schon 2020 und 2021 gegenüber RTL zum Ausdruck
gebracht, nehmen wir die Vorwürfe sehr ernst. Genau deshalb
werden wir das am späten Dienstagabend ausgestrahlte Filmmaterial
sorgfältig analysieren und anschließend entsprechende
Schlüsse zum weiteren Vorgehen ziehen. Um eine seriöse
Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen zu können, bedarf
es des gesamten Video- und Beweismaterials. Wir fordern RTL deshalb
erneut auf, uns dieses vollständig zur Verfügung zu
stellen";, sagt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach.
Er betont: "Bereits jetzt, unabhängig von dem gezeigten
Beitrag, können wir klar sagen, dass der Gebrauch von Vierkantstangen
sowie genopptem oder gestacheltem Stangenmaterial inakzeptabel
ist und nicht im Einklang steht mit den Grundsätzen des fairen
Pferdesports."
Die FN wird den Sachverhalt auf drei Ebenen aufarbeiten:
Einerseits prüft sie, ob Ordnungsverfahren eingeleitet werden
können. Andererseits wird sie im Hinblick auf die bereits
im Jahr 2021 erstattete Strafanzeige die Staatsanwaltschaft über
den RTL-Beitrag informieren, damit diese den Sachverhalt auf Grundlage
des Tierschutzgesetzes bewerten kann. Darüber hinaus beschäftigt
sich die bereits im Januar 2021 eingerichtete FN-Kommission weiterhin
mit Ausbildungsmethoden im Pferdesport und insbesondere mit dem
Thema Touchieren.
Die FN hat RTL in den vergangenen Jahren mehrfach aufgefordert,
das vollständige Videomaterial für eine fachliche Prüfung
zur Verfügung zu stellen sowie die beteiligten Personen zu
benennen. Den Bitten und Aufforderungen ist RTL bis heute nicht
nachgekommen.
Rückblick:
Bereits im Juli 2020 tritt die RTL-Redaktion
mit einer Anfrage zum Einsatz von eventuell tierschutzwidrigen
Methoden im Pferdesport an die FN heran. Die FN gibt Auskunft
darüber, welche Vorgaben das Tierschutzgesetz, die "Leitlinien
zu Umgang mit und Nutzung von Pferden unter Tierschutzgesichtspunkten"
des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft
sowie die Richtlinien und Regelwerke der FN dazu machen. Nach
weiteren Gesprächen mit RTL stellt sich heraus, dass der
Redaktion Videomaterial vorliegt und sie einen Beitrag zum Thema
Barren vorbereitet.
Die Anfrage von RTL führt der FN vor Augen, dass es trotz
aller vorhandenen Formulierungen schwerfällt zu veranschaulichen,
abzugrenzen und zu vermitteln, wo der Unterschied zwischen dem
erlaubten Touchieren und dem verbotenen Barren liegt. Im Januar
2021 richtet die FN deshalb eine Kommission ein, die
aus haupt- und ehrenamtlichen Vertreter*innen der Pferdesport-
und Zuchtverbände, Trainer*innen und Spitzenreiter*innen
der Olympischen Disziplinen sowie Wissenschaftler*innen und Veterinär*innen
besteht. Die Kommission soll strittige Trainingsmethoden überprüfen
und, wo nötig, Vorschläge für Regelwerksänderungen
machen. Ziel war es, bis Ende 2021 Ergebnisse zu präsentieren.
Im Jahr 2021 finden mehrere Treffen der Kommission statt, doch
aufgrund der Komplexität des Themas Touchieren dauert die
Arbeit der Kommission noch an. Damit die Kommission weiter in
Ruhe arbeiten kann, wird die FN keine Wasserstandsmeldung abgeben.
Im Februar 2021 kommt es zu einem Gespräch
zwischen zwei RTL-Redakteurinnen und FN-Vertretern in Warendorf.
Die Redakteurinnen zeigen eine Videosequenz, die weder Rückschlüsse
auf beteiligte Personen zulässt, noch darauf, ob es sich
um einen Verstoß gegen die FN-Richtlinien handelt. Um ihre
Verantwortung für den Tierschutz wahrnehmen zu können
und für eine bessere Einordnung der Bilder bittet die FN
RTL mehrfach darum, dem Verband das vollständige Videomaterial
zur Verfügung zu stellen. Die FN fordert RTL ebenfalls dazu
auf, die gezeigten Personen zu benennen, um den Sachverhalt prüfen
und gegebenenfalls verfolgen zu können. Den Bitten und Aufforderungen
kommt RTL nicht nach.
Im März 2021 reagiert RTL auf ein Schreiben
der FN mit der Aussage, dass sich das vorliegende Material in
der Gesamtlänge nicht von dem unterscheiden würde, was
der FN bereits gezeigt wurde. Nach dem Gespräch im Februar
gehe die Redaktion davon aus, dass momentan von Seiten der FN
kein Verstoß gegen das Tierwohl respektive ein Verstoß
gegen das Tierschutzgesetz bewiesen werden könne. Da RTL
sehr daran interessiert sei, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz
aufzudecken, werde die Redaktion weiter recherchieren und die
FN auf dem Laufenden halten, sollte es neue Erkenntnisse geben.
Dies ist nicht geschehen.
Im Mai 2021 zeigt die FN bei der Polizei NRW
eine mögliche Verletzung des Tierschutzgesetzes an, damit
die Behörden dem Sachverhalt nachgehen können. Die FN
erhofft sich von der Anzeige gegen Unbekannt, dass sich die Behörden
im Zuge ihrer Ermittlungen das Videomaterial verschaffen und aufklären,
ob das Tierschutzgesetz verletzt wurde. In einer Pressekonferenz
informiert die FN die Öffentlichkeit über ihr Vorgehen.
RTL teilt Medienvertretern auf Nachfrage mit, dass die Redaktion
auf eine Ausstrahlung verzichte, weil nach Rücksprache mit
Experten kein eindeutiger Verstoß gegen das Tierwohl respektive
ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz unzweifelhaft bewiesen
werden könne.
Im November 2021 informiert die Staatsanwaltschaft
Münster die FN darüber, dass die Ermittlungen gegen
Unbekannt eingestellt worden sind.
Alle Informationen zu der Pressekonferenz im Mai 2021 gibt es
hier: https://www.pferd-aktuell.de/news/aktuelle-meldungen/fei---fn---dokr/tierschutz-fn-erstattet-anzeige-gegen-unbekannt
Was tut die FN, um Verstöße gegen das Tierwohl im
Pferdesport zu verhindern? In einem Interview klärt Soenke
Lauterbach auf: https://www.pferd-aktuell.de/news/aktuelle-meldungen/fei---fn---dokr/tierschutz-interview-mit-soenke-lauterbach
Zum
Video geht´s hier.