Wo findet der Quarter Horse-Turniersport eigentlich (noch) statt? Mit dieser Frage beschäftigte sich wittelsbuerger.com bereits im Herbst 2013 in einer vierteiligen Serie:
"Der Quarter Horse-Sport im Umbruch" zeigt detailliert die Veränderungen und Trends auf,
auf die sich die Züchter, Besitzer und Turnierreiter von Quarter Horses einstellen können.
Auf Basis der bis zum 22. Juni 2014 in Deutschland durchgeführten AQHA-Turniere ist nun eine aktualisierte "Wasserstandsmeldung" möglich, und sie zeigt vier Entwicklungen auf, die den
verantwortlichen Funktionären ernsthafte Sorgen bereiten sollten:
- alle Zweifach-Shows haben mit Startrückgängen von bis zu 57% zu kämpfen
- die Konzentration auf den Standort Kreuth (+26%) wird erdrückend
- der Anschluß an den Einsteiger-Sport mit All-Novice und Einfach-Shows wird aufgegeben
- mehr Klassen mit weniger Startern machen das Punktesammeln schwierig
Einmal reiten, zweimal bewertet werden und AQHA-Punkte erhalten,
so lautete bislang die Erfolgsformel für AQHA Zweifach-Shows,
als die Kosten-Nutzen-Relation noch stimmte.
Dass diese Relation gehörig ins Ungleichgewicht geraten ist, zeigen
die Starterzahlen der ersten sechs Turniere: Die Neuauflage der
Easter Classic Eltze verzeichnet mit 107 Starts je Show deutlich
weniger als zuvor (248), die Western Breed Classic in Erbach (-42%),
Midsummer SHow in Wenden (-35%) oder Schwaikheim (-12%) reihen
sich in die Entwicklung ein.
Der Neuzugang Cunersdorf hatte nur 77 Starts, und nur der Saisonauftakt
Spring Warm Up Wenden konnte grade noch an das vormalige Niveau
anknüpfen. Die
Entwicklung der AQHA-Shows in diesem Jahr, bis 22. Juni 2014
Die Konzentration auf den Standort Kreuth (+26%) wird erdrückend
2.034 Starts auf der Bavarian Spring Classic (+33%), 2.236 Starts
auf der Bay. Meisterschaft (+22%) - soviele Ritte waren in Kreuth
noch nie zu sehen, selbst nicht in dem Topjahr 2012.
Damit sind bislang schon 20% mehr Pferde in Kreuth an den Start
gegangen als im gesamten übrigen Bundesgebiet:
4.270 (Kreuth) - 3.554 (Rest), das sah noch im Vorjahr ganz anders
aus: 3.370 (Kreuth) - 4.670 (Rest).
Welche Bedeutung die Turniere in Kreuth jetzt schon haben, wird
schnell deutlich: Ohne Kreuth beträgt der Starterrückgang auf
AQHA-Turnieren in diesem Jahr bereits 24%, bezieht man Kreuth
wieder ein, reduziert sich das Minus auf 3%. Gesund ist das nicht.
Denn so ideal die Anlage in Kreuth und so routiniert und freundlich
die Organisatoren auch sind - das Ergebnis einer solchen Erosion
kann bereits anhand des Paint Horse-Sports in Deutschland betrachtet
werden. Die
Entwicklung der AQHA-Shows in diesem Jahr, bis 22. Juni 2014
Der Anschluß an den Einsteiger-Sport wird verpasst
Stell dir vor, es gibt etwas umsonst - und keiner will es! So
sieht es derzeit bei den All-Novice Shows in Deutschland aus,
zumindest von Veranstalterseite. Von 15 AQHA All-Novice Shows
in Deutschland finden nur noch sieben statt, davon nur zwei ausserhalb
von NRW, und das, obwohl die AQHA zehn All-Novice Shows im Jahr
die Approval-Gebühren erlässt und ärgerliche Regeländerungen wieder
zurücknahm (mehr
dazu hier). Die
Entwicklung der AQHA-Shows in diesem Jahr, bis 22. Juni 2014
Mehr Klassen mit weniger Startern machen das Punktesammeln
schwierig
"Jedem Tierchen sein Pläsierchen" - so drückten die Großeltern
es aus, wenn jemand es allen recht machen wollte. Als die AQHA
das neue Leveling mit Rookie & Co. einführte, wollte sie homogenere
Starterfelder schaffen, doch damit das klappt, braucht man vor
allem eines - Starterfelder!
Zwar können vor allem die kleineren Single Judged-Turniere ihr
Startniveau im Vergleich zum Vorjahr halten, spreizen sich aber
in deutlich mehr Klassen auf als noch vor einigen Jahren. Das
macht es für die Veranstalter finanziell anspruchsvoller (Pokale,
Zeitplan) und für die Teilnehmer oft unattraktiver, wenn die für
AQHA- und DQHA-Titel notwendigen Starterzahlen nicht mehr erreicht
werden, weil die Klassen zu klein werden.
Wer heutzutage ein AQHA-Turnier veranstalten will, benötigt entweder
viel Erfahrung oder professionelle Unterstützung, um nach dem
Turnier zufrieden auf die Show blicken zu können:
Die Vielzahl an Klassen (von Halter über Reining bis Hunter) und
Levels (von Open über Novice bis Rookie) verwirrt schnell, die
unterschiedlichen Turnierformate wie regular, Special Event, Introductory,
All-Novice werden ebenso wie die Entscheidung über die Anzahl
der Richter zu echten Klippen noch vor dem Turnierbeginn.
Schon bei der Planung wollen entscheidende Fragen beantwortet
werden:
- Welches Turnier passt zu meiner Zielgruppe? Eine All-Novice-Show
mit einem Tageskurs am Vortag oder lieber eine AQHA-Regular-Show?
Einfach oder schon zweifach?
- Welche Klassen biete ich an? Rookie oder Novice für die Einsteiger,
welche Halter-, welche Hunterklassen?
- Was ist eine gute Abfolge für die Prüfungen, damit jede Teilgruppe
(Halter, Allrounder, Reiner) sich wohl fühlt und Allrounder nicht
in einen "Umzieh-Stress" geraten?
Zudem: Die Anforderungen der AQHA an Turnierveranstalter wie Anmeldefristen,
Formulare sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen und erhöhen
die Hemmschwelle für interessierte Anlagenbetreiber, es einmal
mit einem AQHA-Turnier zu versuchen.
Zu diesen strukturellen Fragen kommen dann schnell die operativen
Herausforderungen: Wann und wie melde ich mein Turnier bei der
AQHA an? Wie benutze ich das Turnierprogramm? Wann darf ein Pferd
Performance Halter starten - und, und, und.
Wo sind die Showmanager aus all´ den Workshops & Infoseminaren?
Das Kuriose an der Situation ist: Trotz personeller Aufstockung
in der DQHA-Geschäftsstelle (Sport), jährlichen Show Manager Workshops
& Infoseminaren und dem einzig noch in voller Besetzung existierenden
DQHA-Ausschuß (Sport) findet keine strukturierte Gestaltung der
AQHA-Turnierlandschaft statt.
Im Gegenteil - die von der DQHA als "Belebung" angepriesenen „DQHA
Direkt Shows“ finden quasi ausschließlich in Rheinland-Pfalz statt
und kannibalisieren ausgerechnet dort AQHA-Shows (Gebroth). Warum
sich sonst nirgendwo Turnierveranstalter für "DQHA Direkt" begeistert
können, liegt auf der Hand: Auf einer DQHA Direkt-Show gibt es
für mehr Geld weniger Ehrungen als auf einer AQHA-Show, DQHA Direkt-Turniere
sind für Teilnehmer wie Veranstalter teurer als z.B. AQHA All-Novice
Shows, selbst mit einer AQHA Fee liegt die Office Charge einer
AQHA All-Novice Show ein Drittel unter der einer DQHA Direkt Show
(mehr
dazu hier).
Es ist Zeit zu handeln.
"Ohne Zucht kein Sport, ohne Sport keine Zucht" - das ist eine
gängige und akzeptierte Einsicht bei den Kollegen der Warmblutzucht,
und Theo Leuchten, Vorsitzender des FN-Bereichs Zucht und FN-Vize-Präsident,
sieht dort den Sport mit einem Plus von rund fünf Prozent als
"Impulsgeber" für die seit Jahren rückläufige Zucht.
Eine Einsicht, die auch dem deutschen Quarter Horse-Verband gut
zu Gesichte stände, denn auch er kämpft mit einem Rückgang der
Abfohlrate von 22% im vergangenen Jahr (mehr
dazu hier) und zukünftig sinkenden Beständen (mehr
dazu hier).
Man vergisst es schnell - das Quarter Horse ist in Deutschland
deswegen so populär geworden, weil die Menschen sich von seiner
Vielseitigkeit und seinen Qualitäten in der Öffentlichkeit, auf
Messen und Turnieren, begeistern lassen konnten und sich dort
mit dem Quarter Horse-Virus anstecken konnten.
Das hat viele Jahre benötigt, und die Gefahr ist überaus real,
dass das bislang Erreichte allzu leichtfertig aufgegeben wird.
Für Turniere sind sind derzeit in Deutschland 40 Show Manager
von der AQHA anerkannt, 18 weitere im deutschsprachigen Ausland
(siehe hier).
Eine Frage kann sein - wieviele kennen Sie davon heute als Meldestelle
oder Turnierveranstalter?
Die entscheidende Frage ist aber - wieviele kennen wir davon
noch in drei Jahren?