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Im US Quarter Horse und seinen verwandten Rassen sind schon länger genetisch bedingte Muskelerkrankungen bekannt, die MYH1 Myopathie (MYHM) genannt werden. Die ersten Hinweise auf eine verwandtschaftsbedingte Häufung im US Quarter Horse stammen bereits aus einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1998.
Eine Variante am MYH1 Genort, die E321G MYH1 Mutation, auch My-Mutation genannt, konnte dann in 2018 als Ursache für zwei verschiedene Krankheitsanzeichen, für die „ Immunvermittelnde Myositis (IMM) „ und für die „Nicht belastungsbedingte Rhabdomolyse (MYHM)“ aufgedeckt werden. Solche My-Genträger, meist Pferde im Alter bis 8 oder 17 Jahren, können unerwartete, schwere und plötzliche Muskelschädigungen aufzeigen, die nicht unbedingt mit einem Muskelschwund oder besonderer körperlicher Anstrengung verbunden sind.
In den USA wird in vielen Fällen von einer vorhergegangenen äußerlichen Ursache, wie einer schweren Erkrankung (Virus-Grippe), Befall mit Streptokkoken, oder Equines Herpes Virus EHV4 Infektionen bei betroffenen Genträgern berichtet. Offensichtlich können Träger mit der E321GMYH1 Mutation empfindlicher auf solche, schweren Umwelteinflüsse reagieren. Steifheit, starke Müdigkeit, Bewegungsunlust, Lymphozyten in Muskelfasern werden unter anderem beschrieben.
Der Muskelschwund (vor allem an der Hinterhand) kann in sehr seltenen, extremen Einzelfällen innerhalb von drei Tagen zu dem Verlust von 40% der Muskelmasse bei den betroffenen Pferden führen. Die MY Mutation am MYH1 Genort verhindert dann offensichtlich eine normale Funktion des Myosinproteins in den Muskelzellen. Eine weitere Erscheinung der MYH1 Mutation im jungen US Quarter Horse wird mit „Nicht Belastungsabhängiger Rhabdomyolyse (nonexertional rhabdomyolysis, MYHM)“ bezeichnet. Es wird hier von plötzlichen Muskelschädigungen ohne vorhergegangene besondere körperliche Belastung berichtet.
Der Erbgang für IMM und MYHM ist dominant mit allerdings stark variabler, sogenannter unvollständiger Penetranz. Dies bedeutet, dass die Erkrankungen keinesfalls bei allen Genträgern ausbrechen. Nur bei ca. 30-40% der bekannten MY Genträger im US Quarter Horse wurden leichte bis schwere Erkrankungen beobachtet, was von den Tiergenetikern allgemein mit „Unvollständiger Penetranz“ bezeichnet wird. Weitere Genorte und insbesondere schwere Umwelteinflüsse könnten hier für den Ausbruch und für die Schwere der Krankheitsanzeichen am Einzeltier verantwortlich sein. Doppelgenträger für MY sind, soweit untersucht, scheinbar stets stärker betroffen
Für die Zuchtpraxis ergibt sich hier die eindeutige Empfehlung, nicht in Panik und Hysterie zu verfallen oder diese gar noch zu verbreiten. Auch die unkontrollierte Jagd auf MY- Erbfehlerträger ist keinesfalls angebracht.
Neuere Untersuchungen aus Januar 2019 zeigen im Gegenteil eindeutig, dass sich unter den My- Genträgern im US Quarter Horse herausragende und ganz besonders erfolgreiche Showpferde befinden, die nicht erkrankt sind. Die Empfehlung ist zur Zeit, eine Verpaarung von MY- Einzelgenträgern miteinander zu vermeiden.
Die Zuchtstute oder der ausgewählte Zuchthengst sollte Nichtträger für den MY-Gendefekt sein. Die Wahrscheinlichkeit ein Fohlen zu erhalten welches Einzelgenträger für MY sein kann, beträgt dann zwar noch 50%. Mit den bisher bekannten Untersuchungen aus den USA wird die Erkrankung aber bei höchstens 30%-40% der MY- Einzelgenträger in unterschiedlicher Schwere auftreten.
Eine Verpaarung von MY-Einzelgenträger miteinander sollte dagegen heute schon vermieden werden, um das Auftreten von Doppelgenträgern zu verhindern. Nach den bisherigen Untersuchungen scheinen die MY-Doppelgenträger deutlich empfindlicher zu reagieren. Wie für alle unsere Pferde gilt, Umweltbedingungen optimal anzubieten und außergewöhnliche Stressfaktoren zu vermeiden. Sollten jedoch unerwartete, plötzliche Krankheitsanzeichen, insbesondere Muskelerkrankungen, an einem Pferd auftreten, so ist es wichtig auch den Tierarzt auf die MY-Erbkrankheit als mögliche Ursache hinzuweisen.
Text:
Dr. Ines von Butler-Wemken
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