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Die
DQHA profitiert von AQHA-Eintragungen und AQHA-Turnieren gleichermaßen
260.000 USD würden für die Eintragungen von „American Quarter
Horses“ an die AQHA bezahlt werden, die „uns als Züchter im Stich
lässt“, wie es heisst.
Fairerweise sollte man dabei nicht vergessen, daß davon auch die
DQHA profitiert, alleine durch die Ausstellung der Equidenpässe:
1.300 Fohlen mit DQHA-Equidenpässen für min. 90 EUR zzgl. Mitgliedschaften
sind eben auch schnell 250.000 EUR oder 275.000 USD – im Jahr.
2018 betrugen die Einnahmen der DQHA für Equidenpässe 127.174,95
EUR, für Mitgliedschaften 498.424,91 EUR und für AQHA Transaktionen
48.181,87 EUR - ein nicht unerhebliches finanzielles Volumen,
das mit American Quarter Horses verbunden ist (siehe
hier)
Und wer weiterhin argumentiert, dass die AQHA angesichts „im Jahr
zigtausende Euro an Show-Approval und AQHA Fees“ die deutsche
High Point-Wertung erstellen solle, unterschlägt, dass die DQHA
sich bereits für die High Point-Erstellung von den Turnierveranstaltern
bezahlen lässt (nachzulesen
im DQHA-Approval):
Zwischen 25 EUR und 300 EUR werden jedem AQHA-Turnier berechnet,
wenn die Ergebnisse in die DQHA High Point-Wertung einfließen
sollen. Insgesamt kommen so auf Basis der Starterzahlen rechnerisch
4.075 EUR zusammen, allein die großen Turniere von EM bis DQHA-Regiofuturitys
spielen 2.450 EUR ein. Offensichtlich ist dieser Betrag nicht
ausreichend - die DQHA bittet derzeit ihre Mitglieder, die High
Point-Wertung 2019 selber auf Fehler zu prüfen (siehe
hier).
Dexit und Brexit – die Parallelen sind frappierend
Wer die politische Diskussion um den Brexit verfolgt hat, erinnert
sich – auch Boris Johnson hatte im Wahlkampf damit geworben, die
350 Millionen Pfund, die Großbritannien wöchentlich an die EU
beisteuerte, in Zukunft im eigenen Land zu investieren. Dass er
dabei die Rückzahlungen und Konsequenzen eines Austritts verschwieg,
gehörte durchaus zur Strategie – er wurde zum Premierminister
gewählt und führte Großbritannien letztendlich aus der EU.
Und so lautet eben auch zum „Dexit“ die Argumentation, dass man
die „500.000 USD“, die jährlich an die AQHA gezahlt werden, in
Zukunft ohne die AQHA „bestimmt reduzieren“ könne und „für uns
DQHA Mitglieder im europäischen In- u. Ausland besser verwenden“
könne.
Die DQHA ist der einzige Verband innerhalb Europas, der sich selbst
als Ursprungszuchtbuch gegenüber den inländischen Ministerien
bezeichnet. Alle anderen europäischen, anerkannten Zuchtverbände
geben rechtkonform (!) als Ursprungszuchtbuch die AQHA als „Studbook
of the origin of the breed“ an, inkl. den Schweizern oder den
Briten – nachzulesen
hier.
Kurz: Nur in Deutschland wird das „American Quarter Horse“ anders
definiert als bei der AQHA in den USA – nachzulesen
hier.
Damit wird zunächst deutlich, daß die DQHA -bis jetzt- zunächst
nur für sich und die Interessen ihrer Mitglieder sprechen kann,
denn das Problem, das aktuell besteht und Auslöser dieser Diskussion
ist, ist ein deutsches Problem, keines der anderen europäischen
AQHA-Töchter.
Die AQHA ist derzeit in einem desaströsen Zustand
Tatsächlich ist es fast unglaublich, was sich seit über einem
Jahr bei der AQHA, immerhin dem größten Pferdezuchtverband der
Welt, abspielt: Durch eine erneut missglückte Umstellung des IT-Systems
kann man allen Kritikern derzeit nur recht geben, die ihre Erlebnisse
schildern:
Nicht weniger als die Integrität des amerikanischen Zuchtbuches
muss in Frage gestellt werden, wenn Mitglieder Papiere und Transfers
bekommen für Pferde, die ihnen nicht gehören, DNA-Ergebnisse nicht
weitergeleitet werden und generell alles in Frage gestellt werden
muss, was jahrzehntelang als sicher galt.
Aber eines muss auch jedem Züchter klar sein: Die AQHA ist von
sich aus schon gezwungen, diese Misstände zu beheben, immerhin
leben 86% aller AQHA-Mitglieder in den USA, in Deutschland sind
es nur 3%.
Ist das Band zerrissen zwischen AQHA und DQHA?
Es ist schon fast beängstigend zu sehen, wie spät öffentlich gemacht
wird, wie angespannt das Verhältnis zwischen dem Mutterverband
AQHA und seinem immerhin dem größten Tochterverband ausserhalb
der USA und Kanadas, der DQHA, ist. 2010 wurde mit dem AQHA Hall
of Famer Johannes Orgeldinger ein Deutscher zum AQHA-Präsidenten
ernannt, seit Jahren ist Deutschland mit fünf Vertretern im erweiterten
AQHA-Vorstand vertreten, 2016 wurden mit AQHA Executive Vice President
Craig Huffhines noch „die Bestimmungen der europäischen Verordnung
und deren Auswirkungen auf die Zusammenarbeit besprochen“ (siehe
hier).
2018 machte die AQHA bereits in Brüssel deutlich, daß sie das
„studbook of origin“ führt (siehe
hier) und damit alle anderen Zuchtverbände in Europa lediglich
Filialzuchtbücher sein können. Die AQHA manifestierte das mit
der Anerkennung als Zuchtverband aus einem Nicht-EU-Land und der
Befähigung, „EU- konforme Zuchtbescheinigungen für Zuchttiere
und Zuchtmaterial“ ausstellen zu können (siehe
hier).
Anfang 2020 führt ein Schlichtungstreffen zwischen AQHA, DQHA,
LfL und EU-Kommission (Dr. Alf-Eckbert Füssel) letztendlich zu
dem Ultimatum der AQHA, und mittlerweile besteht das Vokabular
aus „Erpressung“, „Datenklau“, „abgewirtschaftet“ und einer Unvereinbarkeit
von „Tierwohl und Tierschutz“.
Am gestrigen Freitag veröffentlicht erst die AQHA ihre Sicht
der Dinge (siehe
hier), wenige Stunden später am Samstag Morgen auch die
DQHA (siehe
hier).
Wie konnte diese atmosphärische Veränderung den DQHA-Mitgliedern
so lange verborgen bleiben?
Was wird für Quarter Horse-Züchter besser, wenn die DQHA sich
von der AQHA löst?
Nüchtern betrachtet kann man diese Frage schnell beantworten –
besser wird nichts.
Stichwort Doppel-Kosten: Der Aufwand, der mit den „doppelten Mitgliedschafts-
und Registrationskosten“ verbunden ist, wird weiter bleiben, denn
wer ein „American Quarter Horse“ sein Eigen nennen will, wird
auch in Zukunft nicht drum herumkommen, dieses bei der AQHA in
den USA eintragen zu lassen.
Und diese Züchter werden weiterhin einen (europäischen) Zuchtverband
brauchen, der ein solches Pferd tierzuchtrechtlich korrekt in
ein Zuchtbuch aufnimmt und als „American Quarter Horse“ mit den
in Europa notwendigen Dokumenten ausstattet.
Sollte dafür in Deutschland die DQHA zuständig bleiben, wäre das
aktuell nur denkbar, wenn sie den Anspruch als Ursprungszuchtbuch
aufgibt und sich wie die anderen europäischen AQHA-Töchter als
Filialzuchtbuch wahrnimmt. Damit würde sich nicht viel ändern,
denn Filialzuchtbüchern ist die Führung eigener Abteilungen weiterhin
erlaubt.
Dafür gibt es einige Beispiele in Deutschland: Verschiedene Zuchtverbände
in Deutschland betreuen amerikanische Pferderassen, deren Ursprungszuchtbuch
in den USA liegt: Das American Miniature Horse (AMHA) wird bspw.
vom Bayerischer Zuchtverband für Kleinpferde und Spezialpferderassen
e.V. betreut, ebenso wie der Kiger Mustang.
Wer jedoch damit argumentiert, daß ein „AQHA-Mitglied doppelt
zahlt“ und sparen möchte, kann konsequenterweise nur meinen, in
Zukunft ein eigenes, von der AQHA unabhängiges Zuchtbuch für „Quarter
Horses“ in Deutschland zu etablieren – und sich so in Europa weiter
zu isolieren.
Denn dadurch würden zwei Typen „Quarter Horses“ manifestiert werden:
Das originale „American Quarter Horse“, das bei der AQHA eingetragen
worden ist und der alle europäischen Quarter Horse-Zuchtverbände
als Ursprungszuchtbuch folgen, hingegen der man aus deutscher
Brille aber vorwirft, keine „haltbaren und korrekten Pferde“ mehr
zu fördern, sondern einen Rassetypen, der immer „filigraner“ und
von Medikamenten der Sponsoren abhängig ist.
Und ein wie auch immer bezeichnetes „German Quarter Horse“, das
seine Heimat in Aschaffenburg hat, ca. 1,45 – 1,65 m Stockmaß
aufweist und durch die „DQHA Grundsätze des Ursprungszuchtbuches“
definiert wird (siehe
hier). Und das sich perspektivisch von der größten Pferderasse
der Welt, dem American Quarter Horse, entfernen wird.
Damit verbunden sind die tierzuchtrechtlichen Anforderungen an
Tierzuchtbescheinigungen und Equidenpässe für reinrassige Zuchtequiden:
Als Ursprungszuchtbuch könnte die DQHA dann nur noch die Equidenpässe
mit Tierzuchtbescheinigung ausstellen, deren Rasse sie vertritt,
eben dem „German Quarter Horse“. Die anderen „American Quarter
Horses“ würden wohlmöglich von einem anderen europäischen Verband
betreut und die DQHA könnte sich als Filialzuchtbuch dafür bewerben.
Stichwort „eigenes Showsystem“: Wieviel Geld müsste die DQHA aufwenden,
um neben den seit Jahrzehnten etablierten AQHA-Turnieren ein eigenes,
attraktives Programm erfolgreich anzubieten?
Die Erfahrungen der letzten Jahre machen da nicht sehr optimistisch
- erst im letzten Jahr hat die DQHA ihr „Direkt-Programm“ aus
mangelndem Erfolg wieder einstampfen müssen (siehe
hier).
Was wollen die DQHA-Mitglieder – und die Quarter Horse-Züchter?
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein für die Quarter
Horse-Zucht in Deutschland
Vor dem Hintergrund, daß die AQHA nun mit dem „Letter Of Intend“,
der vom DQHA-Vorstand vor dem European Summit in Rom unterschrieben,
den DQHA-Mitgliedern aber noch nicht vorgestellt wurde, eine Entscheidung
herbeiführen will, haben die DQHA-Züchter auf jeden Fall in dieser
Diskussion das letzte Wort, auch wenn dieser „Letter Of Intend“
durchaus verbindlich sein kann.
Nur sie können – notwendigerweise kurzfristig auf einer außerordentlichen
Hauptversammlung – darüber entscheiden, ob sie
1) auch in Zukunft von der AQHA anerkannte „American Quarter Horses“
züchten, halten, showen und reiten wollen und dabei weiterhin
in ihrem Sinne von der DQHA unterstützt werden wollen oder
2) der DQHA zutrauen, sich soweit von der AQHA zu emanzipieren,
dass die DQHA „ein eigenes Showsystem mit einer eigenen Highpointwertung“
im Rahmen eines eigenen Zuchtbuches für „German Quarter Horses“
führen kann.
Eine Entscheidung, deren Tragweite heute noch gar nicht abzusehen
ist und massiv von dem Informationsgehalt abhängig ist, den man
den Mitgliedern anbietet.
Denn die derzeit die in den Fokus gerückten Argumente vermischen
sich – Geld, Service, Rechtslage und daraus abgeleitete ministerielle
Anforderungen gehören sauber getrennt und isoliert betrachtet.
Anders als beim Brexit bleibt hier die Hoffnung, daß die deutschen
Quarter Horse-Züchter am Ende einen gesunden Kompromiss einfordern
werden, der weniger von der aktuellen Gefühlslage und der persönlichen
Ambition der handelnden Akteure abhängig ist, sondern davon getrieben
ist, dass alle Konsequenzen einer Entscheidung sachlich betrachtet
und bewerten werden konnten.
Wie beim Brexit ist eines ganz klar:
Irgendwie geht es auch nach dem Brexit weiter – ob es aber wirklich
besser wird, bleibt zunächst nur ein Versprechen derjenigen, die
ihn befürwortet haben.
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen
gerne weiter,
z.B. Pat Faitz, Sylvia Katschker und Sylvia Jäckle für den
Bereich AQHA.
Zum
wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.
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