Kreuzt man zwei Overo-Paints miteinander,
so entsteht nicht zwangsläufi g ein Lethal White – also ein weißes Fohlen, welches
nicht länger als 24 Stunden lebensfähig ist. Denn nicht der Overo-Faktor an sich,
sondern ein bestimmter Gendefekt führt zu dem gefürchteten tödlichen Weiß.
Die Gewissheit, ob ein Zuchttier das OLWS (Overo Lethal White Syndrom) vererbt
oder nicht, kostet schlappe 38 Euro.
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Paint Horse-Züchter haben es nicht leicht. Immer mehr Kunden verlangen nach der
begehrten Overo-Scheckung. Doch diese Scheckung vererbt sich rezessiv bis intermediär.
Das heißt, kreuzt man Overos mit einfarbigen Pferden oder Tobiano-Schecken, so
erhält man nur dann möglicherweise einen Overo, wenn bereits die Großeltern die
Anlagen dafür in sich trugen. Da liegt es nahe, zwei Overos miteinander zu paaren.
In einem solchen Fall entsteht statistisch gesehen zu 50 Prozent ein schöner,
gesunder Overo. Zu 25 Prozent ein gesunder Solid (einfarbiges Pferd). Und zu 25
Prozent ein Pferd mit OLWS.
Diese Fohlen kommen fast immer schneeweiß
zur Welt. Nur selten fi ndet man kleinere dunkle Spots am Körper. Zunächst erscheinen
sie gesund, stehen auf und trinken. Doch schon nach wenigen Stunden beginnen sie
zu koliken, bekommen einen Darmverschluss und sterben. Der Tierarzt kann nichts
weiter tun als das Fohlen möglichst frühzeitig von seinem Leiden zu erlösen. Es
gibt kein einziges erwachsenes Pferd, dass als Lethal White geboren wurde und
überlebt hat.
Schuld an all dem Übel ist ein Teil der Erbsubstanz (DNA)
des Pferdes, also ein Gen. Gene können in einer bestimmten Zustandsform vorliegen.
Diese heißen Allele. So kann eine Blume das Allel für weiße Blütenblätter haben.
Oder ein Pferd das Allel für die Lethal White Krankheit. Es hat sogar einen Namen:
„Lys118-Allel“. Geben beide Elternteile dieses Allel weiter, so entsteht ein Lethal
White. Gibt nur ein Elternteil es weiter, so entsteht ein Pferd, das äußerlich
zwar normal ist, aber trotzdem als Träger die Krankheit an seine eigenen Nachkommen
vererben kann.
Bislang wurde angenommen, dass das Lys118- Allel zwangläufi
g an die Overo-Scheckung gekoppelt ist. Dafür sprach auch die Tatsache, dass es
scheinbar keinen einzigen lebenden homozygoten Overo gibt, also kein Pferd, das
von beiden Elternteilen das Overo-Gen geerbt hat ohne ein zum Tode verurteilter
Lethal White zu sein. 1997 aber beauftragte die American Paint Horse Assocciation
eine Forschergruppe an der Universität von Minnesota, sich mit der Genetik der
Overo-Zucht zu befassen, um Klarheit über die schreckliche Krankheit zu erhalten,
die kleinere Züchter ruinieren kann.
Sie fanden heraus: Nicht alle, aber
immerhin 73 Prozent aller Overos tragen den Lethal White-Faktor in sich. Bei den
begehrten Frame- Overos sind es sogar 96 Prozent. Etwa genauso hoch lag die Quote
bei frame blend overos und loud calico overos. Alle anderen Overo-Varianten wie
Sabinos, Medicine Hats, Toveros oder Splashed Whites waren weniger betroffen.
Die gute Nachricht: Welches Pferd Lethal White vererbt und welches nicht, kann
man seit nunmehr drei Jahren testen. Dazu muss lediglich eine Haarprobe mit Wurzeln
an ein Labor (Adresse siehe Kasten) geschickt werden. Anschließend können Hengst-
und Stutenbesitzer gezielt weiter planen. Trägt beispielsweise eine Overo-Stute
das Lys118-Allel, so macht es unter Umständen mehr Sinn, sich nach einem Negativ-
getesteten Overo-Hengst umzusehen als einfach mit dem nächstbesten Tobiano zu
kreuzen. Denn auch diese tragen zu 10 % Lys118. Breeding Stocks sogar zu 18 %.
In beiden Fällen liegt das an Overo-Groß- oder Urgroßeltern.
Betroffen
sind übrigens nicht nur Paint Horses. Die Wissenschaftler der Universität Minnesota
fanden den Lethal-White-Faktor auch bei American Miniature Horses, Arabischen
Halbblütern, Vollblütern und Crop Outs (Quarter Horses mit zu viel Weiß). Äußerlich
kann man Pferden den Gendefekt nicht ansehen. Wer Gewissheit haben will, kommt
also um die 38 Euro für den Test nicht herum.
Zu Tode erschrocken waren
im April 2001 die Paint Horse-Züchter Daniel und Peg Fultz aus B a g l e y, Minnesota.
Durch den Gentest wussten sie, dass ihr Frame Overo Hengst „Sonnys Zippin It“
Träger der Krankheit ist. Deshalb verzichteten sie darauf, ihn mit einer anderen
Frame Overo Stute anzupaaren und nahmen stattdessen eine dreifarbige Tobiano-
Stute.
Heraus kam ein schneeweißes Fohlen. Gegen den Rat ihres Tierarztes
ließen sie es nicht gleich einschläfern. Tage später stand „Houston“ immer noch
quicklebendig auf der Koppel. „Wir konnten unser Glück kaum glauben!“, erzählt
Peg. Obwohl Pferde wie Houston landläufi g als „Living Lethals“ bezeichnet werden,
hatte der kleine Hengst mit einem Lethal White gar nichts zu tun. Bei ihm war
etwas völlig anderes passiert. Genetisch hatten sich die vier verschiedenen Scheckmuster
seiner Großeltern so überlagert, dass am Ende ganz einfach weiß herauskam. Das
ist sehr selten. Houston ist mittlerweile sechs Jahre alt und zeugt weiße, bunte
und einfarbige Fohlen.