Weniger als eine Woche nach den FEI World Reining Finals im schwedischen
Malmö ist im Internet erneut eine heftige Debatte über die Abreitpraktiken
im Westernreitsport entbrannt.
Auslöser
sind Videoclips der dänischen Plattform epona.tv, die u.a. den
späteren FEI World Reining Reserve Champion Craig Schmersal beim
Abreiten seiner achtjährigen Stute Miss Lil Addy Tude zeigen.
In der Kritik stehen vor allem das Checken der Pferde sowie das
Stoppen gegen die kurzen Seiten der Arena, innerhalb von einem
halben Tag wurden bereits über 300 recht kontroverse Kommentare
gepostet.
Laut epona.tv hat Craig Schmersal die Veröffentlichung dieser
Clips untersagt und durch seine Anwälte eine Unterlassungsklage
angedroht.
Diskussionen
im w!.com Leserforum finden Sie dazu hier,
hier
und hier
01. Juli: FN erweitert ihr Reglement zu "Misshandlung
von Pferden"
Bzgl. der von der FEI
benannten Regeländerung ("jab the horse in the mouth")
hat die FN nun in Artikel 142 ("Misshandlung von Pferden")
diesen Passus ins Deutsche übersetzt:
Es heisst nun:
1. Niemand darf ein Pferd während einer Turnierveranstaltung
oder anderweitig misshandeln.
“Misshandlung“
bedeutet ein Handeln oder Unterlassen, das zumindest dazu geeignet
ist, einem Pferd Schmerzen oder unnötigen Stress zuzufügen,
dazu gehören z. B. unter anderem:
- übertriebener
Gerten- bzw. Peitscheneinsatz o. ä.
- Benutzung von Elektroschockgeräten i. w. S.
- übermäßiger oder langandauernder Sporeneinsatz
- übertriebene Einwirkung auf das Pferdemaul durch
das Gebiss o. ä.
- Teilnahme mit einem erschöpften, lahmen oder verletzten
Pferd
- jegliche Form des „Barrens“ eines Pferdes sowie
der Gebrauch von Hilfsmitteln jeglicher Art,
die dem Pferde unnötige Schmerzen beim Abwurf eines Hindernisses
zufügen
- Hyper- oder Desensibilisierung eines Körperteils eines
Pferdes.
23. Juni: FEI weist
ihre Stewards zu mehr Aufmerksamkeit auf Abreiteplätzen an
Der internationale
Pferdeverband FEI hat nun seine Reining Stewards aufgefordert,
auf den Abreiteplätzen aufmerksamer zu sein. Mit Hinblick
auf die Vorfälle in Schweden weist die FEI vor allem auf
Artikel 142 ( FEI General Regulations – www.fei.org) Absatz
1 hin:
"No person may (...) jab the horse in the mouth with a bit
or other device".
17. Juni: Ergebnisse
der Schweden-Untersuchungen fließen in die fortlaufende Überprüfung
der Disziplin Reining ein
Wie die FEI heute mitteilt, will der internationale Pferdeverband
die Ergebnisse der Überprüfung der Vorfälle in Schweden in die
derzeit laufende Gesamtüberpüfung der FEI-Diszplin einfließen
lassen. Drei Arbeitsgruppen bereiten derzeit eine Vorlage für
neue Regeln vor, die der Hauptversammlung im November zur Abstimmung
vorgelegt werden soll.
Die Weigerung von Epona TV, das Rohmaterial der Mitschnitte aus
Schweden an die FEI zu übergeben, wird vom Verband mit Enttäuschung
aufgenommen. "Wir versuchen, den Sachverhalt der Vorfälle in Bökebergs
Gård zu klären, müssen aber jetzt die Untersuchungen ohne echte
Beweismittel fortsetzen", sagt FEI-Generalsekretär Ingmar de Vos.
Damit werden für diese Untersuchungen lediglich die Reports der
FEI-Stewards herangezogen. Demnach gab es laut FEI Chief Steward
lediglich einige mündliche Verwarnungen an Reiter aufgrund der
Abreitepraktiken.
15. Juni: Epona TV und FEI gehen auf Konfrontationskurs
Die dänische Internetplattform epona TV und die Internationale
Reiterliche Vereinigung FEI befinden sich derzeit wegen der Vorfälle
in Schweden auf vollem Konfronationskurs. Grudn dafür ist die
mehrfache Aufforderung der FEI-Rechtsberaterin Lisa Lazarus an
epona TV, das ungeschnittene Rohmaterial von rd. 2,5 Stunden Länge
herauszugeben, auf dessen Basis die Videoclips u.a. mit Craig
Schmersal entstanden waren (siehe oben).
Epona TV weigert sich allerdings, diesen Aufforderungen Folge
zu leisten, weil sie glaubt, die FEI wolle nur Aktionismus zeigen,
ohne wirklich etwas zu tun: Sollte die FEI tatsächlich Interesse
an Veränderungen zum Wohle der Pferde haben, hätte sie längst
schon ihre Stewards instruiert, auf FEI-Events stärker auf missbräuchliche
Szenen zu achten, wird ein Epona TV-Specher zitiert:
"Wir werden diese Farce nicht mitspielen. Wenn etwas untersucht
werden sollte, dann ist es die FEI selber".
14. Juni: cavallo vergibt "Mistgabel des Monats"
an Craig Schmersal
Deutschlands auflagenstärkste
Reiterzeitschrift, die cavallo, hat fast erwartungsgemäß
in der aktuellen Ausgabe ihre "Mistgabel des Monats"
an Craig Schmersal aufgrund der Vorfälle in Schweden vergeben.
2. Juni: "Tiefste
Niedergeschlagenheit und Aufgabe des Persönlichkeitsstatus"
Mit deutlichen Worten
kommentiert der ehemailige Präsident des FEI-Veterinär-Kommittees
Dr. vet. Peter F. Cronau die Videoclips aus Schweden. "Was
dort in Malmö auf dem Abreiteplatz geschehen ist, kann man
nur als angewandte Ächtung des Tieres und Schinden der Kreatur
bezeichnen", wird der Träger des FN Deutschee Reiterkreuz
in Gold in der "Pferdesportzeitung"
zitiert. Er empfiehlt, die aufgefallenen Reiter mit einer roten
Karte zu belegen und sperren zu lassen sowie diese einer Gewissensprüfung
zu unterziehen. Dem Verband wirft er vor, durch das Warten auf
Rapports nur die gesamte Angelegenheit zu den "anderen Leichen
in der Schublade" legen zu wollen.
31. Mai: Stellungnahmen
von FN-Bundestrainer Wienrich und der FN
FN-Bundestrainer Kay Wienrich (Ravensburg) hat der Pferdesportzeitung
seine Eindrücke geschildert: "„Herr Hörmann
wurde während einer einstündigen von Stewards (u.a.
Chiefsteward Eric Strauss) überwachten Trainingseinheit gefilmt.
Diese Filmsequenz zeigt ihn beim Training für die ‚run
downs’ und ‚sliding stops’, dem wohl spektakulärsten
und auch schwierigsten Manöver der Reiningaufgabe. Turniererfahrene
Pferde werden in diesen Trainingssequenzen dazu angehalten, die
volle Länge der Arena durchzugaloppieren, da diese Pferde
wissen, an welchen Stellen in der Prüfung die Stopps gefragt
werden und dazu neigen, diese dann vorwegzunehmen. Zudem ist es
erforderlich, dass das Pferd während der gesamten Länge
der Bahn gleichmäßig Tempo aufbaut, bis der Reiter
das Anhalten verlangt. Die Wand wird als optische Barriere verwendet.
Das Pferd soll auf keinen Fall gegen die Wand geritten werden.
Die abgebildete Trainingssituation
ist grenzwertig und sollte so nicht sein. Daraus zu schließen,
dass Herr Hörmann ‚aggressiv’ trainiert, halte
ich für überzogen. Bei einer Vorbereitung zu einem Weltcup-Finale
versuchen natürlich alle Reiter ihre Pferde ‚auf den
Punkt’ zu bringen. Dies ist legitim, rechtfertigt aber natürlich
nie unfaires Verhalten dem Pferd gegenüber. Herr Hörmann
hat sich über diese Vorwürfe sachlich und selbstkritisch
geäußert, wie ich es als Bundestrainer von meinen Kaderreitern
nicht anders erwartet habe.“
Die Meinung
der FN
Die Deutsche Reiterliche
Vereinigung (FN) nahm die Stellungnahme Hörmanns zur Kenntnis.
„Wir begrüßen es, dass Nico Hörmann sein
Abreiteverhalten kritisch reflektiert. Genauso wichtig ist es
aber, dass bestehende Regeln einer jeden Disziplin immer wieder
auf den Prüfstand gestellt werden, so wie es derzeit durch
die FEI in der Reining erfolgt. Das Wohlergehen des Pferdes muss
an oberster Stelle stehen“, sagte FN-Generalsekretär
Soenke Lauterbach.
28. Mai: Stellungnahme von Nico Hörmann
DOKR-Kaderreiter Nico Hörmann hat sich nun in einer Stellungnahme
gegenüber der St. Georg zu den Videoclips geäußert.
Diese
lesen Sie hier.
27. Mai: Offizielles Statement der FEI - "alle Praktiken
waren innerhalb des Reglements"
Die FEI hat ein Statement
veröffentlicht, das den Reitern in Malmö den Rücken
stärkt. Zwar habe es laut dem Chief Steward in Bökebergs
Gård einige mündliche Verwarnungen an Reiter in der
Abreitehalle gegeben, dennoch entsprächen alle gezeigten
Methoden dem derzeit geltenden FEI- Reglement für Reining.
Die Angelegenheit wird nun dem FEI Reining Committee übergeben,
mögliche Regeländerungen sollen aber erst auf der Vollversammlung
im November beraten werden. Dem FEI Reining Committee gehören
Robert Thompson (CAN), Jan Bogaarts (BEL), Bill Brewer (USA) Johannes
Orgeldinger (GER) und Arnat Kirshner (ISR) an. Das
Statement lesen Sie hier.
epona-Videos finden internationale Resonanz/ St. Georg
und Pferdesport-Zeitung berichten
Über 10.000 Aufrufe
hat die Diskussion im Leserforum von wittelsbuerger.com zu den
Videoclips aus Malmö, und auch andere renommierte Pferdsportmedien
berichten mittlerweile darüber.
"Abreiten
fürs FEI Reining Final löst Entsetzen aus"
lautet die Schlagzeile auf der Internetpräsenz der Zeitschrift
St. Georg, die bereits in der Rollkurdiskussion eine führende
Rolle einnahm. Dementsprechend zieht sie dazu Vergleiche und kommentiert,
daß "engste Hälse sind nicht nur ein Privileg
schlaufzügelbegeisterter Springreiter oder "ambitioniert"
zur Sache gehender Dressurreiter" seien.
Leser von Horse
& Hound in Großbritannien haben derweil eine Petition
an die "British Equestrian Federation" verfasst und
rufen zur Teilnahme auf, in der die BEF (vgl. mit der FN) aufgefordert
wird, bezüglich der Vorfälle in Malmö bei der FEI
aktiv zu werden.
Auch die cavallo ist bereits aufmerksam geworden und hat eine
Diskussion in ihrem Leserforum gestartet, mehr
dazu hier.
Bei der Reiter Revue wird ebenfalls darüber diskutiert -
siehe
hier. Und auch bei agrar.de ist man
darauf aufmerksam geworden.
wittelsbuerger.com
liegt derweil die Aufforderung der Anwälte von Craig Schmersal
vor, mit der die Veröffentlichung der Videoclips gestoppt
werden sollen. Eine "Verletzung seiner Markenrechte"
läge vor, eine direkte Kontaktaufnahme mit Craig Schmersal
habe zu unterbleiben.
Derweil grüßen
wir einen Leser aus Österreich, der versucht hat, uns anonym
eine SMS zu senden: "Ich hoffe, Graig reisst dir endlich
den Arsch auf".
Abgesehen davon, daß offensichtlich ist, wer hier "das
mit Abstand dümmste Schwein" ist, bleibt die Frage,
ob man bei solchen "Freunden " noch Feinde braucht.
Abreite-Szenen könnten juristisches Nachspiel haben
Wie epona.tv nun berichtet, hat sich nun die schwedischen Behörden
eingeschaltet, denen die Sicherung des Tierschutzes obliegt. Tierschutz-Inspektor
Elin Gulland bestätigt, daß die Kopien der Videoaufnahmen
nun von der Provinzialregierung gesichtet und bewertet werden
sollen.
epona.tv ist
eine dänische Internetseite von Pferdesportjournalisten, die sich
kritisch mit dem Pferdesport auseinander setzen.
2009 wurden sie dafür für den Tierfreunde-Preis nominiert.