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Reining: "Nicht anerkannt", "ohne Akzeptanz", "nicht salonfähig" - Wege aus dem Dilemma
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(ew) Seit den Weltreiterspiele 2002 in Jerez ist Reining nun eine offizielle Disziplin in der FEI-Familie, und angesichts der anstehenden Großereignisse Weltreiterspiele 2014 in Frankreich und Reitsport-Europameisterschaft 2015 in Aachen ist es an der Zeit, bevor die PR-Lawinen losgetreten werden, eine aktuelle Wasserstandsmeldung vorzunehmen:

Hat sich etwas verändert, wenn man auf die vergangenen elf Jahre zurückblickt?
Schließlich sollte nach dem letzten „FEI Reining Strategic Plan“ von 2006 Reining bereits seit vier Jahren offizielle olympische Disziplin sein, im letzten Jahr sollten die ersten Reiner bei den Olympischen Spielen in London um Medallien reiten (siehe hier).

In Wahrheit aber sind wir noch nie soweit von diesem Ziel entfernt gewesen wie heute.

Reining – "weder anerkannt noch salonfähig"

Der neue Aktivensprecher Dr. Matthias Gräber lieferte kürzlich in einem Interview eine erfrischend ehrliche Standortbeschreibung.
Für ihn ist das „‚Pflänzchen‘ Reining“ eine immer noch nicht anerkannte Disziplin, der es nicht nur an der Akzeptanz bei den anderen Reitsport-Disziplinen fehle, sondern das zudem auch noch denkbar schlecht in der Öffentlichkeit präsentiert wird – anders gesagt:
Westernreiten ist nach elf Jahren FEI FEI noch immer „nicht salonfähig“.

Und ob das aber noch nicht genug wäre, konstatiert er ein erlahmendes Interesse bei den Reiningreitern selber.
Man müsse Reiter und Pferdebesitzer „reaktivieren“, sagt er, denn es sei bislang schon schwierig genug, „optimale Reiter-Pferd-Kombinationen für die Championate zu finden“. So deutlich und klar hat das bislang noch niemand gesagt, schon gar nicht von Funktionärsseite aus.


Ein Versuch der Ursachenfindung.


Unser Sport, und das mag jeder für sich befürworten oder kritisieren, ist ein ausgesprochen züchter-orientierter Sport. Bis auf die EWU gestalten die Zuchtverbände selber oder die Reitverbände mit einem Zuchtprogramm (SSP, SSSP etc.) die Turnierlandschaft, und die preisgeld- und prestigeträchtigsten Titel gibt es auf den Futuritys. Und so begleitet der Western-Turniersport , anders als in der klassischen Dressur beispielsweise, in keinster Weise die Ausbildungsentwicklung der Pferde, sondern führt die „Zuchtprodukte“ schnell und frühzeitig ihrer Verwendung zu.

Es gibt keine Entwicklung der Pferde von E- zu einer S- oder Grand Prix Kür-Dressur, von E- zu S***-Springen. Im Westernsport hat eine Junior Reining dieselbe Pattern wie eine Senior Reining, die Anforderungen sind für ein dreijähriges Pferd in einer Reining, egal, ob Futurity, Bronze Trophy oder eine EWU-Reining, genauso hoch wie für ein 13-jähriges Pferd.

Kein Wunder also, daß Reitsportler aus anderen Disziplinen die von Dr. Gräber genannten Akzeptanzschwierigkeiten haben, denn auf sie muß unser Sport so wirken, als ob wir dreijährige Pferde in einer Dressur Grand Prix Kür reiten oder zehn Hindernisse á 1,60 Höhe (S***) springen lassen würden.




Wenn wir Westernreiter also schon für Insider „erklärungsbedürftig“ sind, dann sind wir es für Aussenstehende, also die Öffentlichkeit, erst recht. Cowboyhut, Chaps, lange Sporen, Jeans, das ist nur in den USA Alltagskleidung und weckt auch nach über vierzig Jahren in Deutschland und Europa immer wieder dieselben stereotypen Assoziationen.

Westernreiten/ Reining und die klassischen FEI-Reitsportdisziplinen scheinen also nur sehr schwer miteinander kompatibel zu sein, denn es sind nicht nur die Äußerlichkeiten, die unüberwindbar zu sein scheinen, sondern strukturelle Unterschiede.

Als Gebrauchsreiterei, und das angesichts der populären Ranch-Disziplinen bis heute, liegt es eben nicht in der DNA des Westernreitens, besonders kultiviert wie der Dressursport oder so elitär wie das Poloreiten daherzukommen. Auch fehlen uns die enormen Geldmittel, die im Distanzreiten investiert werden, und die olympische Vergangenheit des Voltigierens.

Wie kann es weitergehen mit dem internationalen FEI-Reiningsport?

Reining müsse „rauskommen aus dem internen Futurity- und Bronze-Trophy-Geschehen“, meint Dr. Gräber, aber das hieße in letzter Konsequenz, das bisherige, ureigenste Wesen des Westernreitsports aufzugeben und ihn vollkommen neu zu strukturieren.

Bislang ist jedoch jeder Versuch, das Reiten älterer Reining-Pferde attraktiver zu machen, fehlgeschlagen: Championate für fünfjährige Reiningpferde sind längst passe, und jeder weiß, daß kein Reiningpferd für die European Futurity auch nur einen Monat später als bislang üblich im Training begonnen wird, seitdem dort erst Pferde ab dem Alter von vier Jahren starten dürfen.

Denn Taktgeber für Reining bleibt das Mutterland unseres Westernreitsports, die USA. Nur von dort könnten die wichtigen und notwendigen Impulse kommen, um den Reiningsport auch nur annähernd dorthin zu bringen, wo manche sich ihn wünschen würden.

Wer aber den jahrelangen, unglaublich zähen Prozess der bis jetzt immer noch nicht abgeschlossenen „Medication Policy“ der NRHA USA verfolgt hat (http://reiner.nrha.com/?p=7904), sieht die in USA gesetzten Prioritäten, wenn es beispielsweise darum geht, nur alleine schon im Doping- und Medikationsbereich internationale Standards zu erreichen.

Angesichts dessen muss man die Frage stellen dürfen, wofür dann der ganze Aufwand für den FEI-Reiningssport getrieben wird? Stewards, Regeln, Technical Delegates, Championate und nicht zuletzt Kommissionen und Beiräte – parallel zu allen anderen Turnieren und Organisationen, die unser Sport bietet.



Kann eine ehrlichere Zielsetzung die Begeisterung den FEI-Sport wiederbeleben?


„Frag nicht, was du für die FEI tun kannst, frag, was die FEI für dich tun kann“ – diese Abwandlung des Kennedy-Klassikers könnte ein Lösungsansatz sein. Denn wenn auch die 13 Jahre Engagement in der FEI dem Westernreitsport/ Reining weder die erhoffte Öffentlichkeit (Olympia) noch die erhofften Geldströme (Sponsoren) gebracht haben, so haben sie uns doch dazu gezwungen, uns und unseren Sport mehr mit einem Blick von außen zu reflektieren.

Denn vieles von dem, was die FEI entweder aufzwingt oder ermöglicht, ist nützlich für eine kontinuierliche Modernisierung unseres Sports: Regelungen zum Abreiten und zum Umgang mit Medikamenten bringen nicht nur Vorteile für die Pferde, sondern eine Weiterentwicklung des Bildes des Westenreitsports nach aussen, und wir sollten sie schon aus purem Egoismus nutzen, denn nur hier liegt die Möglichkeit, ein notwendiges Korrektiv zu dem züchter-orientierten Westernreitsport zu setzen.
FEI-Championate und Meisterschaften könnten dazu genutzt werden, eine langfristig angelegte Talentförderung aufzubauen, beispielsweise als (zweite) Karriere für ältere Pferde oder zum Heranführen der Jugendlichen an den großen Sport.

Bedienen wir uns also am Werkzeugkasten, den Tools, den die FEI bietet, um unseren Sport in aller Ruhe und Konzentration kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Als Vorbild dazu könnte niemand Geringeres als die FEI-Präsidentin Haya bint al Hussei aus Jordanien dienen, die von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor einiger Zeit interviewt wurde:
„Lassen Sie mich klar sagen, dass ich kein Szenario sehe, in dem Distanzreiten olympisch werden kann.
Ich glaube nicht, dass diese Disziplin genug Struktur hat, und denke, dass noch viel Arbeit nötig ist, damit sie ein vollwertiges Mitglied der Sportfamilie wird. Kommerziell ist sie noch kein erfolgreiches Produkt. Wir haben Diskussionen über das Wohl der Pferde, wir haben erhebliche Doping-Probleme.
Ein Kriterium des IOC ist außerdem die Historie eines Sports. Dieser Sport ist siebzehn oder neunzehn Jahre alt - da kann er nicht in Konkurrenz mit Springen oder Dressur treten. Auch nicht mit Voltigieren, was mehr Chancen hätte, wenn wir es versuchen würden.“

Besser könnte man die Situation des Reiningsports auch nicht beschreiben, denn anders als Reining hat es bereits das Poloreiten geschafft, 2012 ins Rahmenprogramm der Olympischen Spiele zu kommen (siehe hier http://www.polomagazin.com/polo-demonstrationssportart-olympische-spiele-london-2012/9051/).

Vergessen wir „Olympia“ einfach ein für alle Male, und machen wir was Besseres daraus – für uns und den Westernreitsport!




Kommentar: Ekkehard Wittelsbuerger
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